In einem schöneren Ambiente hätte sich das Heimathausgelände am Mittwoch nicht vorstellen können. Strahlender Sonnenschein ließ alles freundlich leuchten und lud zur Einkehr ein, sowohl zum Aktionsnachmittag als auch zum Handwerkermarkt. Blickfang war sofort am Eingang des Geländes die große Schafherde, die Schäfer Reimund Voigt vom Tie-Esch-Bereich hierher getrieben hatte. Sie gehörten zur Rasse Graue Gehörnte Heidschnucke. Auffallend unter ihnen die schwarzen Schafe. „Es sind die Einjährigen“, wurde erklärt. „Die Lämmer werden schwarz geboren und färben sich erst im zweiten Jahr zur Elternfarbe.“ Reimund Voigt demonstrierte den interessierten Besuchern des Handwerkermarktes die Schafschur. Er ergriff das zur Schur vorgesehene Schaf, setzte es mit dem Rücken zu sich auf den Hintern und die Schur begann. Das Schaf hielt in dieser Haltung still. Die Wolle wurde zusammenhängend geschoren und wird als Vlies bezeichnet. Eine ins Kreuz gehende Arbeit, wie jeder sehen konnte, und Reimund Voigt hatte keine Zeit, zur Seite zu blicken. Dafür musste kurz für ein Foto unterbrochen werden. Einzige Erleichterung gegenüber früher: Es wurde nicht mehr mit einer alten Handschere – ein schwer zu handhabendes Ding – geschoren, sondern mit einer modernen „Haarschneidemaschine“, natürlich entsprechend groß. Das Vlies dieser Heidschnuckenrasse kann nicht zur Herstellung von Garn verwendet werden, da es extrem langhaarig ist.Verarbeitet wird es zu Dämm-Material. Allenfalls findet es noch Verwendung für grobe Gewebe wie zum Beispiel Teppiche. Das Fleisch der Lüneburger Heidschnucke, dazu gehört auch die Graue Gehörnte Heidschnucke, ist in Europa unter diesem Namen geschützt und darf das Siegel einer geschützten Ursprungsbezeichung tragen. Gleich nebenan waren zwei Tiere zu bestaunen, die schnell die Herzen gewannen, die Alkapadamen Ina und Fidele. Vorgestetellt wurden sie von der Familie Knöpker aus Hollich 76, die man gerne in Gruppen besuchen kann. Auch die Alpakas werden geschoren. Ihre Wolle ist sehr weich. „Ein Bett aus Alkapawolle ist ein Traum!“, so die Knöpkers. Wer die Wolle anfasste, glaubte es sofort. Nicht weit entfernt saßen im Schatten der Bäume zwei Personen aus Lengerich, die surre – surre – surr das Spinnrad traten. Unter ihren geschickten Fingern entstand aus Schafwolle einer anderen Rasse ein Faden zum Stricken von Pullovern und sonstigen warmen Kleidungsstücken. Dazu verwendete man in früheren Jahren auch Leinenfasern, die einen etwas raueren Stoff ergaben. „Leinenwäsche scheuert die Haut und reinigt sie vom Dreck. Da muss man sich nicht mehr waschen“, lästerte man seinerzeit. Wie vor 100 Jahren Wäsche gewaschen wurde, das demonstrierten Margret Termühlen und Martha Bültel. Nicht nur die Arbeit trieb ihnen den Schweiß auf die Stirn, das tat auch die Sonne, die voll ihren Standplatz traf. Mähdrescher modernster Art werden heute für die Getreideernte eingesetzt, super funktionierende Mähmaschinen für das Gras. Im 19. Jahrhundert und Anfang des 20. gab es dafür Sensen und Sicheln. Diese stumpften während des Arbeitseinsatzes ständig ab und mussten immer wieder an Ort und Stelle geschärft, gedengelt werden. Dazu führten die Mäher einen kleinen Dengelamboss mit entsprechendem Hammer bei sich. War die Sense stumpf, wurde der Amboss in der Erde geschlagen, der Mäher hockte sich nieder und schärfte durch Dengeln, heißt, dass die Sensenschneide mit dem Hammer wieder dünner geschlagen wurde. Wie gedengelt wurde, zeigten Johannes Janning und Ernst-Josef Bültel Sie erleichterten sich die Arbeit und hatten den Dengelamboss in einen hohen Holzklotz geschlagen. Das ersparte das mühsame Bücken. Unerlässlich war in einem Dorf der Beruf des Schmiedes. Bei Schmiedearbeiten ließen sich Albert Biefang und seine Kollegen über die Schulter schauen. Mit anpacken ging nicht. Auch nicht bei dem Ziseleur, der nebenan Waffeleisen für das Herdfeuer mit feinen Gravuren versah. Volle Konzentration war bei ihm gefordert. Helfen ließ sich allerdings Hermann Münning, und die Kinder, auch Erwachsene, taten es gerne. Sie konnten helfen, ihre Springseile herzustellen, denn Hermann Münning gab einen Einblick in die Tätigkeit des Seilers. Für Bernd Dircksen gab es ein Springseil von fünf Meter Länge. Seilchenspringen für mehrere Personen! Zu kaufen war leckeres Steinofenbrot, dazu gab es gleich frische Bauernbutter, selbstgemachte Marmelade und Honig. Die Wettringer Imker Oelerich und Kaulingsfrecks erläutereten die Arbeit des Imkers. „Die Tracht war in diesem Jahr noch nicht besonders gut. Es war zu kalt!“, hieß es. Wer die Tennen und Küchen alter Bauernhäuser kennt, weiß, der Boden bestand oft aus gestampftem Lehm, vornehmer waren Sandsteinplatten. Und der Sand, der mit den Holzschuhen oft in diese Räume getragen wurde, wurde mit Reisigbesen wieder nach draußen befördert. Sie entstanden unter den geschickten Händen von Klemens Hüwe. Auf solchen Besen flogen angeblich auch die Hexen zum Blocksberg. Weidenkörbe entstanden bei den Nordwalder Korbflechtern. Wer wollte, konnte einen solchen erwerbn. Viel weitere Stände boten Kleinkunst an.