1768 wurde ich an der Grenze zwischen Ohne (Grafschaft Bentheim) und Wettringen (Fürstbistum Münster) aufgestellt. An meinem Standort und meinen in Stein gemeißelten Inschriften ändert sich nichts, als nach der napoleonischen Ära und dem Wiener Kongress 1816 das Münsterland an Preußen und die Grafschaft Bentheim an das Königsreich Hannover fiel. Über 200 Jahre hütete ich die gemeinsame Landesgrenze.

Erst in den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts wurde es für mich ungemütlich. Einem Bauer passte mein Standort nicht, er grub mich aus und warf mich achtlos zur Seite. Ein Bürger aus Rheine dagegen fand mich ganz attraktiv und stellte mich als imposantes Schmuckstück in seinen Garten. Glücklicherweise nahm sich ein Rheinenser Heimatfreund meiner an und stellte den Gartenbesitzer zur Rede. Dank der Fürsorge des Heimatvereins Rheine tauschte ich nun den unwürdigen Standort in einem Vorgarten mit dem Platz vor dem ehrwürdigen Falkenhof. Etwa 40 Jahre stand ich vor dem geschichtsträchtigen alten Gebäude, der Keimzelle Rheines. Tausende von Besuchern gingen an mir vorüber, bewunderten oft meine Schönheit, aber niemand stellte meinen neuen Standort in Frage .

Erst als die Heimatvereine Wettringen und Ohne sich Ende 2015 mit der gemeinsamen Landesgrenze befassten und die Grenzsteine untersuchten, wurde ich wieder interessant. Ein Heimatfreund, der mich schon Jahre zuvor an meinem ursprünglichen Standort fotografiert und im Heimatbuch über Ohne auch verewigt hatte, informierte im gemeinsamen heimat- geschichtlichen Arbeitskreis über meine neue Heimat am Falkenhof.

Der Heimatvereinsvorsitzende von Wettringen setzte sich mit der Leiterin des Falkenhofes in Verbindung und ging von meiner zeitnahen Rückführung in meine rechtmäßige Heimat an der Grenze aus. Doch die Museumsleiterin wollte mich nicht so schnell freigeben, viele Wochen vergingen, etliche Nachfragen blieben erfolglos bzw unbeantwortet. Nachdem ich
fast 250 Jahre wenig Beachtung gefunden hatte, interessierten sich die Presse und auch der Heimatverein Rheine mittlerweile für mein Schicksal. Mehrere Artikel mit großen Schlagzeilen erschienen, doch die Museumsleiterin reagierte nicht.

Erst als der Wettringer Heimatvereinsvorsitzende den Bürgermeister der Stadt Rheine informierte, wurde es spannend: Schon am folgenden Tag antwortete die Leiterin des Falkenhof endlich: Mein rechtmäßiger Standort und die Frage, wem ich denn eigentlich gehöre, müssten von den Denkmalsbehörden in Niedersachsen und Münster sorgfältig erforscht werden. Außerdem müsse geprüft werden, wem ich denn eigentlich gehöre. Die Heimatvereine und interessierte Heimat- und Geschichtsfreunde ärgerten und wunderten sich. Doch dann kam meine Rettung durch die schnelle Intervention des Bürgermeisters von Rheine. Auch er bezweifelte nicht meine ursprüngliche Heimat und kündigte eine zeitnahe Rückführung an.

Am 21.4.2016 war mein großer Tag gekommen. Ich wurde in allen Ehren in Rheine im Beisein der Bürgermeister und der Vorstandsmitglieder der Heimatvereine Rheine, Ohne und Wettringen am Falkenhof entlassen und in meiner alten Heimat an der Grenze Ohne --- Wettringen wieder aufgestellt. Am 23.4. besuchten mich dort etwa 70 Heimatfreunde im Verlauf eines Snadganges bzw einer Grenzradtour. Jetzt ist es wieder ruhig um mich geworden. Und wenn ich nicht wieder ausgebuddelt werde, markiere ich noch viele Jahrhunderte die Grenze zwischen Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen.